Ultima Thule I
Die Grönländer selbst nennen ihr Land Kalaallit Nunaat, was so viel bedeutet wie „Land der Menschen“. Diese liebevoll erscheinende Bezeichnung ist natürlich etwas paradox, präsentiert sich Grönland doch als eines der „menschenfeindlichsten“ Gebiete der Welt.
Auf der Insel, die mit der 6-fachen Größe der Bundesrepublik einen eigenen Kontinent stellen könnte, leben gerade mal 57 000 Menschen. Ihre Siedlungen liegen auf einem schmalen Küstenstreifen und konzentrieren sich im Wesentlichen auf den Süden und Südwesten. Klima, Gletscher und tief eingeschnittenen Fjorde machen den Bau von Straßen sinnlos, die Fortbewegung erfolgt heute mit Boot, Hubschrauber, Flugzeug oder traditionell mit den Hundeschlitten. Noch sind ca. 4/5 der grönländischen Gesamtfläche vom Inlandeis bedeckt, das eine Stärke von bis zu 3000 m erreicht.
Ein besonderes Naturerlebnis verspricht eine Reise in den Osten der Insel. Die Grönländer bezeichnen ihre Ostküste wenig schmeichelhaft als „Tunu“, was so viel wie „Rücken“ oder „ Hintern“ bedeutet und von wenig Sympathie der Einheimischen mit diesem Teil der Insel zeugt.
Entlang der 3000 km langen Ostküste gibt es nur ein knappes Dutzend Siedlungen mit insgesamt nicht mehr als 3500 Menschen, deren Lebensrhythmus von der rauen arktischen Natur geprägt wird. Das Meer ist, bedingt durch den Polarstrom bis weit in den Sommer hinein gefroren. Selbst im Hochsommer kann ein breiter Gürtel von Storis (Großeis) den Zugang zur Küste erschweren. Und doch ist es gerade die fremde, abweisende arktische Natur, die die Faszination dieser Landschaft ausmacht.
Alpine Gebirge mit wild zerklüfteten Kämmen wachsen bis zu 3000 m unmittelbar aus dem Eismeer, die Gletscher des Inlandeises reichen meist bis an die Küste und die riesigen schwimmenden Eisberge bezaubern, wenn sie im Wechsel von Nebel und Sonne immer neue Stimmungen erzeugen.
Im Nordosten der Insel wurde am 22. Mai 1974 der größte Nationalpark der Welt, der eine Fläche von 972 000 km2 umfasst, gegründet. Der Park dient dem Schutz der einzigartigen Fauna – hier leben alle 8 Landsäuger Grönlands und 40% der Moschusochsenpopulation der Welt- sowie der Bewahrung der hochsensiblen arktischen Flora, der außergewöhnlichen Geologie und der archäologischen Funde.
Das gesamte Gebiet des Nationalparks ist nicht besiedelt, nur 31 Menschen leben hier dauerhaft auf Wetterstationen, einer Militärbasis und der Station der dänischen Siriuspatrouille, die für die Sicherheit im Nationalpark verantwortlich ist. Fotografische Impressionen aus dem grönländischen Nationalpark gibt es in der Galerie OSTGRÖNLAND zu sehen.